„Obacht! Lumpenpack“ – Kate Beaton bei Zwerchfell

Vorsicht, Hype! Will man objektive Aussagen über Was-Auch-Immer treffen, gilt es, die eigene Euphorie zu bändigen. Nun, das Früher-Webcomic-Jetzt-Cartoonsammlung-In-Halbleinen „Hark! A Vagrant“ von Kate Beaton, etwas hölzern germanisiert in „Obacht! Lumpenpack“, tut alles, um diese Euphorie anzuheizen.

Zum einen wäre da das, was bereits auf den ersten Blick anziehend wirkt: Die bibliophile Ausstattung, die der Zwerchfell-Verlag Frau Beaton und den Lesern spendiert. Rotes Halbleinen, dicke Buchdeckel, festes Papier – mehr braucht das gute Buch rein optisch nicht.

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Alex Quick: 99 Gratisideen für ein besseres Leben

Im Frühjahr 2014 ist der Atlantik-Verlag in See gestochen. Das im maritimen Setting gehaltene Imprint von Hoffman und Campe schaffte es sogleich, die Herzen vieler Buchblogger mit einem kleinen Kennenlernpaket zu erfreuen:

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Die Jungfernfahrt eines neuen Verlags (belassen wir es mal bei der Illusion, es handele sich um einen eigenen Verlag) zu beobachten, ist spannend. Das Wichtigste dabei ist natürlich das Programm, mit dem der Neuling der Buchbranche in den Kampf zieht. Also schnappte ich mir sogleich den Atlantik-Katalog, denn mir war schnell klar, dass ich zum Start ein Buch besprechen wollte.

Meine Wahl fiel auf Alex Quicks “99 Gratisideen für ein besseres Leben. Vorweg: Ich gehöre nicht, wie viele andere, zu den Ratgeber-Hassern. Es gibt unter der sogenannten Ratgeberliteratur viel Schund, viel seichte oder weniger seichte Küchenpsychologie á la “Wenn Sie unsere einzigartige Denkmethode konsequent einhalten, wird sich Ihr Leben schlagartig komplett verändern”. Es gibt aber auch eine große Zahl an seriösen Sachbüchern, die für bestimmte Themen sensibilisieren und das Leben bereichern. Der Nachteil dieser Bücher ist häufig die schwere Lesbarkeit oder die gähnende Langeweile, die mit der Nacherzählung der 27. psychologischen Studie einhergeht.

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Quicks Werk gehört zu keiner der beiden Kategorien. Schlicht und einfach zählt Quick 99 Möglichkeiten auf, das Leben zu genießen. Dabei wählt er – teils mehr, teils weniger konsequent – vor allem Tätigkeiten, die sofort von jedermann umgesetzt werden können und dazu nichts kosten. Beispiele: “Schauen Sie nach den Sternen!” oder “Schreiben Sie einen Brief an Ihr künftiges Ich!” Das mag trivial klingen. Aber die Wahrheit ist, dass die einfachen, die schönen, die sinnstiftenden Dinge im Leben häufig trivial sind.

Quick verbindet jeden Vorschlag zur simplen Lebensqualitätssteigerung mit einem kurzen erklärenden Text. Dabei werden die Vorschläge immer komplexer und psychologisch durchdachter: Während der erste Vorschlag auf das Sterne-Gucken zielt, empfiehlt Quick später, die Exzentriker des eigenen Wohnviertels zu unterstützen oder Unvollkommenheit und Vergänglichkeit als Ausdruck von Schönheit zu betrachten. Quick geht damit auf leichtfüßige Art ans Eingemachte. Er schafft es, Inhalte und Weisheiten fernöstlicher Denkschulen (“Akzeptieren Sie die ganze Katastrophe”) mit philosophischen Ideen (“Leben Sie die Abgeschiedenheit”) zu verbinden. Dabei erhebt Quick niemals den Zeigefinger, bleibt im sprachlichen Ton immer freundlich-zurückhaltend anstatt oberlehrerhaft. Im Ergebnis stört dann auch überhaupt nicht, dass nicht alle Vorschläge völlig gratis sind. Lohnen werden sie sich allemal.

Meine Lieblingsideen?
”Führen Sie ein Tagebuch – mit nur einem Satz pro Tag!”
”Zeigen Sie aufrichtige Dankbarkeit!”
”Halten Sie die Augen offen, und machen Sie mit!”

Quick erinnert an das, was häufig in Vergessenheit gerät. Das kleine Büchlein liest man mit einem Lächeln an einem Abend durch. Garantiert mit Gewinn: Quicks “99 Ideen” sind ein Kleinod der Lebensfreude.

#RettetDieBücher!

Im Rahmen des Best-Blog-Awards von letzter Woche habe ich Birgit von Sätze&Schätze die Frage gestellt:

Wenn du drei Bücher vor der Apokalypse, die alle anderen Bücher auf dem Planeten zerstört, retten könntest – welche wären es?

Mir scheint die Frage geeignet, das Thema noch ein wenig zu beackern. Welche Bücher sind es wert, gerettet zu werden? Welcher Lesestoff muss unbedingt vor der Apokalypse bewahrt werden?

Fällt diese Entscheidung eher persönlich aus oder denkt man dabei wirklich primär an die Nachwelt? Sollte man nicht vor allem praktische Werke für den Wiederaufbau der Zivilisation mit auf den Weg geben – also zum Beispiel naturwissenschaftliche Standardwerke oder das Grundgesetz? Oder muss so eine Frage nicht eher humorvoll angegangen werden – mit der Bewahrung von IKEA-Anleitungen und Telefonbüchern für die Nachwelt?

Die Frage streift ein weites Feld. Und genau so sollte sie verstanden werden: Möglichst frei und weitläufig. Ich stelle mir vor, eine kleine Aktion zu starten, bei der Blogger genau diese Frage beantworten und die drei Bücher nennen, die sie vor dem Untergang retten würden. Danach sind jeweils zwei weitere Blogger – also zwei weitere Buchretter – zu nominieren.

Das Wichtigste dabei ist natürlich das Warum: Warum sind es genau diese drei und nicht andere? Die Entscheidung ist keine leichte. Daher sollte man sich beschränken – sagen wir auf eine Begründung in nicht mehr als 140 Zeichen pro Buch.

Gesagt, getan. Ich mache den Anfang mit folgenden drei Büchern, die ich den Flammen der Apokalypse entreißen würde:

1. Stefan Zweig – Die Welt von Gestern
Die Nachwelt braucht ein Buch, das die Zivilisation beschreibt und gleichzeitig aufzeigt, wie leicht sie aufs Spiel gesetzt werden kann.

2. George Orwell – 1984
Die Nachwelt braucht ein Buch, das den Wert der Freiheit zu schätzen lehrt.

3. Art Spiegelman – MAUS
Die Nachwelt braucht ein Comic. Das Medium darf nicht untergehen. MAUS verbindet dabei die Inhalte der beiden oben genannten Bücher.


Man hätte auch Aberdutzende andere Werke nennen können. Aber genau das werden hoffentlich die nächsten Buchretter machen:

Als Buchretter nominiere ich Norman mit seinem Blog Notizhefte und Tilman von 54books!