Von Jules Verne und Rudyard Kipling – oder wie ich lernte, den Abenteuerroman zu lieben

Ich war ein untypischer Junge: Mit Abenteuerromanen á la „Die Schatzinsel“ konnte ich nichts anfangen und verschmähte sie allesamt. So manifestierte sich in meinem Leseleben eine literarische Bildungslücke, die zu schließen ich vor einiger Zeit begann. Erst widerwillig nahm ich, mehr aus einer gewissen Pflicht zur literarischen Horizonterweiterung heraus, sodann Jule Vernes „Reise um die Erde in 80 Tagen“ zur Hand. Und siehe da: Mir öffnete sich eine neue Welt. Nach mehr abenteuerlichem, klassischem Lesestoff lechzend, folgte sodann Rudyard Kiplings „Über Bord“, das vor Kurzem bei der Büchergilde erschien. Grund genug, einige Zeilen zu dieser bibliophilen Welterschließung zu schreiben.

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„Das Urteil“ nach Franz Kafka – Comicadaption von Moritz Stetter

„Georg stand verlegen auf. »Lassen wir meine Freunde sein. Tausend Freunde ersetzen mir nicht meinen Vater. Weißt du, was ich glaube? Du schonst dich nicht genug. Aber das Alter verlangt seine Rechte. Du bist mir im Geschäft unentbehrlich, das weißt du ja sehr genau, aber wenn das Geschäft deine Gesundheit bedrohen sollte, sperre ich es noch morgen für immer. Das geht nicht. Wir müssen da eine andere Lebensweise für dich einführen.“

Vladimir Nabokov wird zum Thema Schreibstil die Aussage zugeschrieben: „Erkläre mir nicht, dass der Mond scheint, sondern zeige mir, wie sich dessen Licht im Fenster bricht.“ Nabokov teilt der reinen Deskription eine Absage – wer schreibt, soll nicht (nur) beschreiben, sondern vermitteln, wie sich das, was zu beschreiben wäre, anfühlt.

Was macht eine gute grafische Adaption eines Prosatextes aus – die zeichnerische „Beschreibung“ oder eher, mit Nabokov, das Vermitteln eines emotionalen Eindrucks, auch wenn dazu die Grenzen der realistischen Darstellung überschritten werden müssen?

Für mich ist der Fall klar: Letzteres. Der Schwierigkeit, sich Franz Kafkas „Urteil“ zu widmen, ohne das, was geschieht, nur rein deskriptiv „abzumalen“, hat sich Moritz Stetter angenommen. Die dabei entstandene Comicadaption ergänzt das Kafka-Portfolio des Knesebeck-Verlags um das wichtige Frühwerk.

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„Obacht! Lumpenpack“ – Kate Beaton bei Zwerchfell

Vorsicht, Hype! Will man objektive Aussagen über Was-Auch-Immer treffen, gilt es, die eigene Euphorie zu bändigen. Nun, das Früher-Webcomic-Jetzt-Cartoonsammlung-In-Halbleinen „Hark! A Vagrant“ von Kate Beaton, etwas hölzern germanisiert in „Obacht! Lumpenpack“, tut alles, um diese Euphorie anzuheizen.

Zum einen wäre da das, was bereits auf den ersten Blick anziehend wirkt: Die bibliophile Ausstattung, die der Zwerchfell-Verlag Frau Beaton und den Lesern spendiert. Rotes Halbleinen, dicke Buchdeckel, festes Papier – mehr braucht das gute Buch rein optisch nicht.

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