Bloggeburtstag und Leserückblick 2013

Ein Jahr! So lange schon gibt es diesen kleinen Blog und noch immer bereitet er mir viel Freude. Zwar datiert der erste Post, der unter dem Namen “Texte und Bilder” veröffentlicht wurde, bereits vom 18. Dezember 2012. Aber das war Vorgeplänkel; es sind die Weihnachtsfeiertage des letzten Jahres, die für mich den Beginn des Blogs markieren. Andere Blogger zelebrieren ihren Bloggeburtstag durch ein großes Gewinnspiel oder durch andere Aktionen, dafür fehlt mir in diesem Jahr leider die Zeit. Eventuell werde ich das im nächsten Jahr nachholen.

Viel wichtiger als der Geburtstag des Blogs an sich ist das, was in den letzten 12 Monaten geschehen ist und was somit diesen Blog hier ausmacht. Daher will ich zu meinem persönlichen Leserückblick 2013 ansetzen und das vergangene Jahr literarisch Revue passieren lassen. Und ich verspreche es Euch: Dieser Rückblick, mein persönliches “Bücher 2013”, kommt ganz sicher ohne Markus Lanz und Günther Jauch aus…

I. Winter und Frühjahr: Adaptionen

2013 startete literarisch mit dem, was diesen Blog ausmachen soll: Die Verbindung von Text und Bild. Somit fiel ich zuerst über die verschiedensten Adaptionen her: SchnitzlersTraumnovelle” wurde ebenso einer Vorlage-und-Comic-Doppelrezension (meine Erfindung! Ha! Wann ich wohl den Pulitzerpreis bekomme?) unterzogen wie BradburysFahrenheit 451” (bei Letzterem war es sogar die ominöse Triplerezension, da ich auch die Verfilmung mit Oskar Werner einbezog).

Im März haben mich KafkasStrafkolonie” und DostojewskisSpieler” – ebenfalls jeweils grafisch adaptiert – begeistert. Von Kafka sollte der geneigte Leser dieser Seiten im vergangenen Jahr noch des Öfteren hören (müssen, je nachdem, ob der gute Prager Herr einem liegt – es gibt sicherlich wenige Autoren, die so sehr polarisieren).

in der strafkolonie

II. Sommer: Comics und Stefan Zweig

Zwei Autoren habe ich in diesem Jahr für mich entdeckt, die eine Gemeinsamkeit haben, aber sonst unterschiedlicher nicht sein könnten. Dazu sogleich mehr. Der eine der beiden Autoren ist der von mir spätestens seit der Lektüre von “Die Welt von gestern” hochgeschätzte Stefan Zweig. Dieser gute Mann war eine echte Entdeckung; wenngleich ich in früheren Jahren bereits Kontakt mit seinem Werk hatte, so waren es doch die genannte kongeniale Autobiographie und nicht zuletzt seine “Sternstunden”, die mich nachhaltig begeisterten.

Nach so viel Prosa mussten dann einige Comics her. Ich greife zwei Werke heraus, die mir überaus gut gefielen – Steffen Kvernelands fulminante “MUNCH”-Biographie, bei deren Rezension mit mir die Pferde der Euphorie durchgegangen sind, und Jeff LemiresEssex County”, das vielleicht das melancholischste Leseerlebnis des Jahres war. Das meine ich ausnehmend positiv.

essexcover

III. Herbst: Grünberg galore

Der zweite Autor, den ich in diesem Jahr für mich entdecken durfte, ist – wie sollte es anders sein – Arnon Grünberg. Mit Stefan Zweig teilt er nur die jüdische Sozialisation, ansonsten trennen die beiden Schreiber Welten. Gerade deshalb ist es interessant, dass zwei so unterschiedliche Charaktere und Künstler eine nachhaltige Lesefreude in ein und derselben Person hervorrufen können. Über Grünberg und insbesondere seinen “jüdischen Messias” habe ich im Herbst einige Lobreden verfasst und meine Begeisterung hallt noch immer nach. Als ich dann tatsächlich ein Interview mit Arnon Grünberg führen durfte, setzte mein bibliophiles Bloggerherz nicht nur einen Schlag aus.

IV. Winter: Projekte

Das Ende des Herbstes und der nahende Winter markierten einen kleinen Umbruch im Blog, der mit meiner leider begonnenen Examensvorbereitung einherging und ein wenig zulasten der Anzahl gelesener Bücher und der Posting-Frequenz ging. Dennoch freue ich mich, seit dem Herbst zwei Projekte (mit)angestoßen zu haben: #ReadingUlysses und #LawAndLit. Einen Überblick über beide findet sich in der neuen Rubrik “Projekte”. Bei dem Joyce’schen Mammutwerk bin ich momentan auf Seite 768, und voran geht es leider nur schleppend. Dennoch lohnt die Lektüre. Ich hoffe, den absonderlich-grandiosen Wälzer im Januar zu beenden und mein Fazit in die Tasten hauen zu können. Für #LawAndLit lese ich in den nächsten Tagen Dürrenmatts “Panne” – ich bin gespannt.

V. Gepflegte Verrisse

Neben all den wunderschönen Leseerfahrungen – nicht nur Zweig, Grünberg, Kverneland, Lemire, Dostojewski, Kafka und Co – gab es natürlich auch literarische Tiefpunkte. Wenn mir ein Buch, ob Prosa, Sachbuch oder Comic, nicht gefällt, dann gehört es definitiv lege artis verrissen. Im vergangenen Jahr teilten dieses Schicksal Benkaus “Dark Canopy” genauso wie  Dorff/Koelles “Offenbarung” und Bindis “Frevel am Altar der Heiligen Klara”.

VI. Zahlen, Daten, Fakten

Gelesene Bücher im Jahr 2013 (noch ist es ja nicht ganz vorbei): 59.
Davon Prosa: 26, Comics: 33.
Beiträge: 63.
Facebook-Likes: 137 – viel zu wenig, bitte ändert das!

Bestes Prosawerk 2013: “Der jüdische Messias” von Arnon Grünberg
Bester Comic 2013: “Essex County” von Jeff Lemire

VII. Fazit und Ausblick

Das erste Jahr als Literaturblogger war literarisch ereignisreich. Ich bin froh, dieses Hobby für mich gefunden zu haben. Es hat mir gezeigt, dass es neben dem reinen Lesen besonders lohnenswert ist, auch die zweite Ebene zu betreten: Im Schreiben über das Gelesene entdeckt man ganz neue Perspektiven der eigenen Leseerfahrung.

Ich werde versuchen, 2014 trotz Examensvorbereitung und Jobsuche die Schlagzahl noch zu erhöhen, mehr zu posten und vor allem mehr zu lesen. Und selbstverständlich werde ich nun auch zeitnah beginnen, den großen Stapel an Rezensionsexemplaren, die zuletzt viel zu lange liegen geblieben sind, “abzubauen”.

In jedem Fall gilt: Danke an alle Leser!

Ich wünsche allen ein entspanntes, fröhliches Weihnachtsfest mit vielen guten Büchern und Comics unterm Baum sowie einen guten Rutsch in ein bibliophiles 2014!

#LawAndLit: Die Qual der Wahl

Da startet man ein Projekt, kriegt auf Twitter eine Menge Feedback, und dann? Dann steht man plötzlich da mit seiner Kunst, der Vorhang zu, und alle Fragen offen.

Was zur Hölle lese ich denn jetzt für #LawAndLit?

Schauen wir uns doch nochmal die bisherige (nicht abschließende) Liste an:

1. William Shakespeare – Der Kaufmann von Venedig – Recht als Rache?
2. Gottholt Ephraim Lessing – Emilia Galotti – Resignation des Rechts vor der Macht?
3. Heinrich von Kleist – Michael Kohlhaas – Rebellion des Rechts gegen die Macht?
4. Georg Büchner – Dantons Tod – Recht durch Gewalt?
5. Conrad Ferdinand Meyer – Die Richterin – Recht sprechen ohne Recht zu tun?
6. Herman Melville – Billy Budd. Sailor – Rechtsgehorsam oder Rechtsmanipulation?
7. Franz Kafka – Der Prozeß/Vor dem Gesetz – Recht als Illusion
8. Susan Glaspell – A Jury of Her Peers – Wer soll des anderen Richter sein?
9. Katherine Anne Porter – Noon Wine – Öffentliche oder private Gerechtigkeit?
10. Albert Camus – Der Fremde – Entfremdetes Leben, entfremdetes Recht?
11. Berthold Brecht – Der kaukasische Kreidekreis – Wer findet wie die Gerechtigkeit?
12. Friedrich Dürrenmatt – Die Panne – Recht als Farce?
13. Friedrich Dürrenmatt – Der Besuch der alten Dame – Käuflichkeit des Rechts
14. Albert Camus – Die Gerechten – Recht durch Revolution
15. Friedrich Schiller – Die Räuber – Das Verhältnis von Freiheit und Gesetz
16. Heinrich Böll – Die verlorene Ehre der Katharina Blum – Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann
17. Gottfried Keller – Die drei gerechten Kammmacher – Recht und Rivalität
18. Jeremias Gotthelf – Die schwarze Spinne Recht im Ausnahmezustand
19. Fjodor Dostojewski – Verbrechen und Strafe – Eigenes und fremdes Recht
20. Bernhard Schlink – Der Vorleser – Die Verarbeitung von Unrecht

Phew, teilweise ganz schön starker Tobak. Vom 500-Seiten Wälzer (Schuld und Süh…äh, Verbrechen und Strafe) bis hin zum Onepager (Vor dem Gesetz) ist wirklich alles dabei. Zwar schlägt das Herz eines jeden literaturaffinen Juristen beim Anblick dieser Liste höher, doch gleichzeitig stellt sich auch das Auswahlparadox ein: Je größer die Auswahl, desto schlechter kann man sich entscheiden. Da hilft nur negatives Ausschlussverfahren…

Irgendwann werde ich meinen Enkeln sagen können: “Mein liebes Kind, damals, zu meiner Zeit, da hieß ‘Verbrechen und Strafe’ noch ‘Schuld und Sühne’”. Letzteres Werk habe ich vor einigen Jahren mit Freude gelesen, wenngleich ich ewig dafür gebraucht habe. Da ich etwas Neues lesen will, fällt das schonmal raus. Das Gleiche gilt für GotthelfsSpinne” und für SchlinksVorleser”: Gelesen ist gelesen, und damit fallen die Titel raus.

Was gibt es noch auf der Liste? Einige Bücher, die ich nicht nur unverschämter Weise bisher nicht gelesen habe, sondern die mir auch bis vor Kurzem überhaupt nichts sagen: Dazu gehören MelvillesBilly Budd. Sailor” genauso wie GlaspellsA Jure of Her Peers”, KellersKammmacher” oder Katherine Anne PortersNoon Wine”. Never heard of them. Und ich gebe zu: Da tue ich mich schwer. Völlig unbekannter Bücher kann ich schlecht spontan lesen, ich brauche meist noch einen weiteren, externen Input, sei es eine Empfehlung eines Freunds oder eine Rezension irgendwo in den Weiten des WWW. Die genannten Werke kriegen heute leider kein Foto von mir und fliegen raus.

Damit bleiben noch BöllsKatharina Blum”, SchillersRäuber”, CamusDie Gerechten”, die beiden Dürrenmatts (der gute Mann ist gleich doppelt vertreten, eine Ehre, die sonst nur Camus inne hat), BrechtsKreidekreis”, der andere Camus, KafkasProzess” bzw. “Vor dem Gesetz”, CFMsRichterin”, LessingsEmilia”, good ole’ Big Willys “Kaufmann”, KleistsKohlhaas” und BüchnersDanton” über.

Kafka fällt raus, da ich mich in diesem Jahr schon mehrfach mit dem guten alten Franz befasst habe. Die “Räuber”, die “Gerechten” und der “Kaufmann” kommen auch nicht in Betracht, da ich diese Werke schon mehrfach im Theater sehen durfte und da es somit nicht so viel Neues zu entdecken gibt wie bei einem mir noch unbekannten Text.

Bölls “Katharina” fällt raus, weil es von Böll ist. Ich mag ihn nicht, vielleicht zu Unrecht, aber noch wage ich mich nach der Enttäuschung von “Ansichten eines Clowns” an den Herrn Böll nicht ran. Irgendwann vielleicht, später.

Dürrenmatt finde ich Klasse, aber vom “Besuch der alten Dame” habe ich bisher so viel gehört, dass ich es schon bald gar nicht mehr lesen brauche.

Michael Kohlhaas liest Tilman von 54books schon. Nachher kommt der noch auf die Idee, ich mache es ihm nach. Kommt gar nicht in Frage.

Brecht ist stark und einer meiner ewigen Favoriten, aber – nein. Es fühlt sich nicht richtig an, ich möchte derzeit kein Drama lesen. Vor einigen Monaten habe ich “In der Sache J. Robert Oppenheimer” gelesen und das hat, obwohl es mir gefiel, mein Bedürfnis nach Dramenlektüre vorerst befriedigt. Damit fallen auch Brechts “Kreidekreis”, Lessings “Emilia” und Büchners “Danton” durchs Raster. Und das, obwohl Büchnerjahr ist. Vergib mir, Georg.

Was bleibt?
”Die Richterin” von Conrad Ferdinand Meyer ist mir momentan zu altbacken. Ich weiß, das ist keine Kategorie – aber momentan steht mir der Sinn eher nach etwas Modernerem.

Es bleiben Camus’ “Der Fremde” und Dürrenmatts “Die Panne”. Das ist nun wirklich eine schwere Entscheidung.
Aber: Ich werde Dürrenmatts “Die Panne” lesen, da ich seit ewigen Zeiten nichts mehr von Dürrenmatt gelesen habe und mich die “Physiker” und “Der Richter und sein Henker” wirklich begeistert haben.

diepanneduerrenmatt
Außerdem ist “Die Panne” nach Marcel Reich-Ranicki eine der besten deutschen Erzählungen nach ‘45. Der gute Mann wusste, wovon er spricht. Daher muss Camus weichen.

Ich freue mich auf ein juristisch-literarisches Lesevergnügen!

Neues Projekt: #LawAndLit

Gerade als ihr dachtet, mein gemeinsam mit 54books betriebener Buchguerilla-Blog wäre eingeschlafen, die Buchguerilleros hätten ihre Kunst an den Nagel gehangen, die Waffen gestreckt und würden in ihrem Bücherdschungel faul auf der Strohmatte liegen, passiert es: Ein neues Buchguerilla-Projekt!

Es sei nur so viel gesagt: Es geht um Recht und Literatur. Das Ganze wird bei Buchguerilla zusammenfließen, aber der Sinn ist eine Vernetzung unter allen teilnehmenden Blogs. Meine Texte werden hier erscheinen. Die Eckdaten und alles Weitere zum Projekt gibt es hier: www.buchguerilla.de/lawandlit

Wer schreibt, der bleibt – wir freuen uns über Mitstreiter, die sich dem Thema Law and Literature nähern wollen!